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Transition-News

Schweiz: Ständerat stimmt E-ID zu – Datenschutz und Cybersicherheit bleiben umstritten

Nach der Zustimmung des Nationalrats hat auch der Ständerat das neue E-ID-Gesetz zur Einführung einer staatlichen elektronischen Identität (E-ID) mit großer Mehrheit angenommen. Dennoch gibt es weiterhin Bedenken hinsichtlich Datenschutz, Cybersicherheit und der möglichen Machtkonzentration bei Großunternehmen. Kritiker wie Rechtsanwalt Philipp Kruse fordern einen stärkeren Schutz der digitalen Integrität der Bürger.

Veröffentlicht am 13. September 2024 von DF.

Der politische Weg zur Einführung einer staatlichen elektronischen Identität (E-ID) in der Schweiz macht rasche Fortschritte. Am 10. September 2024 hat der Ständerat – die Schweizer Kantonskammer – das Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis nahezu einstimmig angenommen – mit 43 zu 1 Stimmen, ähnlich wie zuvor der Nationalrat, der bereits im Frühjahr für das Gesetz stimmte, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA meldete. Damit könnte die Schweiz bis 2026 eine staatliche E-ID erhalten, die es Bürgern ermöglicht, ihre Identität in der digitalen Welt sicher und staatlich kontrolliert nachzuweisen.

Die neue E-ID wird jedoch nicht die heutigen Identitätskarten oder Pässe ersetzen und bleibt freiwillig. Sie soll in öffentlichen Passbüros und auch online kostenlos verfügbar sein. Dieser zweite Versuch einer E-ID unterscheidet sich deutlich vom ersten, der 2021 vom Volk abgelehnt wurde. Damals war geplant, private Unternehmen wie Banken und Versicherungen mit der Herausgabe der E-ID zu betrauen. Dies hatte zu weit verbreiteten Bedenken geführt, dass private Anbieter missbräuchlich mit sensiblen Daten umgehen könnten. Nun wird die E-ID vollständig vom Staat verwaltet, und viele der ursprünglichen Kritikpunkte scheinen behoben.

Trotz des Fortschritts bleiben jedoch grundlegende Fragen offen. Der Ständerat wird sich erneut mit dem Nationalrat abstimmen müssen, um Differenzen in den Bereichen Datenschutz und Cybersicherheit zu bereinigen. Während der praktische Nutzen einer E-ID im Parlament unbestritten ist, sorgen sich Kritiker, dass die digitale Identität potenziell missbraucht werden könnte – insbesondere durch eine unzureichende Sicherung biometrischer Daten oder die unkontrollierte Nutzung dieser Daten durch Dritte.

Philipp Kruse, Rechtsanwalt und kritischer Beobachter des Gesetzes, weist auf der Webseite des ABF Schweiz (Aktionsbündnis freie Schweiz) auf eine Reihe ungelöster Probleme hin, die seiner Meinung nach den Datenschutz und die Sicherheit der E-ID ernsthaft gefährden. Er betont, dass insbesondere der Schutz der Nutzer vor der Marktmacht großer Konzerne nicht ausreichend gewährleistet ist. Obwohl das Gesetz den Nutzern erlaubt, selektiv zu entscheiden, welche Daten sie freigeben, gibt es laut Kruse keine klaren Bestimmungen zum Schutz vor sogenannten «Überidentifikationen». Dies bedeutet, dass mächtige Unternehmen, wie Banken oder Versicherungen, Nutzer zur Preisgabe überflüssiger privater Daten zwingen könnten, ohne dass ein ausreichender Schutzmechanismus dagegen besteht.

Ein weiteres zentrales Problem sieht Kruse in der Sicherheit der biometrischen Daten, die für die E-ID erfasst werden sollen. In der Vergangenheit gab es bereits mehrere Vorfälle, bei denen unbefugte Dritte auf solche Daten zugreifen konnten. Kruse befürchtet, dass dies auch in Zukunft geschehen könnte, da die aktuelle Gesetzesvorlage keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen enthält, um dies wirksam zu verhindern. Besonders kritisch sieht er, dass für die technische Umsetzung der E-ID-Lösung noch keine endgültigen Pläne vorliegen. Die entsprechende Software und Infrastruktur sollen erst Ende 2024 vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) bereitgestellt werden, sodass die tatsächliche Sicherheit der E-ID bis dahin nicht abschließend beurteilt werden kann.

Kruse kritisiert zudem den Mangel an Transparenz bei der Ausschreibung für das Online-Verifikationsverfahren. Laut ihm haben weder Parlamentarier noch Experten oder Journalisten Einsicht in die Ausschreibungsunterlagen. Dies wirft die Frage auf, wie sicher und vertrauenswürdig das System letztlich sein wird, wenn grundlegende Informationen über die technischen Details unter Verschluss gehalten werden.

Ein weiterer besorgniserregender Punkt, den Kruse aufgreift, betrifft die Kompatibilität der Schweizer E-ID mit EU-Recht. Der Bundesrat strebt eine Lösung an, die mit der EU-Verordnung «eIDAS» (Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt) kompatibel ist. Dies könnte dazu führen, dass biometrische Daten im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit mit der EU automatisch abgeglichen werden. Bereits heute ist dies im Rahmen der Prüm-II-Verordnung der Fall, die den automatisierten Austausch von Daten zur polizeilichen Zusammenarbeit regelt. Kruse befürchtet, dass dies in der Zukunft zu weiteren Eingriffen in die digitale Privatsphäre der Bürger führen könnte.

Besonders beunruhigend ist für Kruse die mögliche Verknüpfung der E-ID mit anderen digitalen Systemen im Rahmen internationaler Entwicklungen. Er verweist auf Initiativen wie «ID2020», eine global ausgerichtete Strategie, die darauf abzielt, digitale Identitäten weltweit zu standardisieren. In Kombination mit anderen Systemen wie digitalen Impfpässen, Organspendeausweisen oder möglicherweise sogar digitalem Zentralbankgeld (CBDC) könnte die E-ID seiner Meinung nach zu einem umfassenden Kontrollinstrument werden. Diese Sorge wird durch internationale Strategiepapiere wie die «EU-Digitalstrategie» und die «17 Nachhaltigkeitsziele» der UNO untermauert, die langfristig auf eine globale Vernetzung solcher Systeme abzielen.

Kruse warnt davor, dass ein solches System in Krisenzeiten, etwa während einer Pandemie oder einer wirtschaftlichen Notlage, genutzt werden könnte, um Grundfreiheiten einzuschränken. Diese Risiken sieht er insbesondere dann, wenn die digitale Infrastruktur nicht ausreichend gegen Missbrauch geschützt wird. Angesichts dieser potenziellen Gefahren fordert Kruse gemeinsam mit der Organisation ABF Schweiz (Aktionsbündnis Freie Schweiz) stärkere Vorkehrungen zum Schutz der digitalen Rechte der Bürger. Er fordert insbesondere, dass:

Die Nutzer effektiv davor geschützt werden, dass ihre Daten unfreiwillig entwendet oder missbraucht werden.
Klare Regelungen zum Schutz vor der Preisgabe unnötiger Daten eingeführt werden.
Personen, die sich gegen die Nutzung der E-ID entscheiden, nicht diskriminiert werden und weiterhin Zugang zu Waren und Dienstleistungen haben.
Sichergestellt wird, dass die Nutzung der E-ID keine ungewollten elektronischen Spuren hinterlässt, die von Dritten ausgewertet werden können.

Trotz der breiten Zustimmung im Parlament gibt es weiterhin erhebliche Bedenken, insbesondere in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre und die Kontrolle über die eigenen Daten. Es bleibt die Frage offen, wie effektiv die versprochenen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt werden können. Kritiker wie Philipp Kruse fordern daher eine gründlichere Prüfung und garantierten Schutz der Bürger vor Missbrauch und Machtkonzentration. Die weiteren Diskussionen im Nationalrat werden zeigen, ob und wie diese Bedenken in die finale Ausgestaltung des Gesetzes einfließen werden.

Angesichts der Brisanz des Themas kann es als gesichert gelten, dass das Referendum ergriffen und letztlich an der Urne über das Gesetz befunden wird.

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Quellen & Links

Swissinfo.ch: Parlament ist sich über Ausgestaltung der E-ID im Grundsatz einig - 10. September 2024
https://www.swissinfo.ch/ger/parlament-ist-sich-%c3%bcber-ausgestaltung-der-e-id-im-grundsatz-einig/87522095

ABF Schweiz: Die E-ID auf dem Durchmarsch. Angeblich nur Vorteile. Welche Risiken sind zu beachten?Vorteile. Welche Risiken sind zu beachten? - 12. September 2024
https://www.swissinfo.ch/ger/parlament-ist-sich-%c3%bcber-ausgestaltung-der-e-id-im-grundsatz-einig/87522095

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